Herbert Lauermann Psalm

Sprachklangkomposition für Diskant-, Alt- und Basszither und Fünfkanal-Zuspielung

(2003–2009)

Zither Georg Glasl

ORF 2009, Edition Zeitton

 

Titelliste

01 Initium–Ps1–10

02 Ps11–14

03 Ps15–22

04 Ps23–28

05 Ps29–41 – terminatio

 

Unhörbares hörbar machen

Die Interpretation von Herbert Lauermanns Psalm war für mich eine sehr reizvolle, künstlerisch interessante Aufgabe. Das Notenmaterial, das der Komponist durch seine Form- und Klanganalyse der Psalmen nahezu wissenschaftlich gewinnt, stellt sich zu nächst spröde und unnahbar dar. Psalm hörbar zu machen, den Zustand zu erreichen, in dem – so formuliert es Herbert Lauermann - der Hörer mit den Ohren den Text liest, ist nur durch eine

ganz persönliche Interpretation möglich, die Momente eines sanften Zwangs schafft, Muster und Klänge bietet, die weder befragt noch gedeutet werden müssen, sondern selbständig ihre Wirkung tun. Herbert Lauermann legt die Gestaltung nur durch die Tonhöhen und eine Reihe von Angaben zum Zeitablauf fest, wie die Gesamtdauer des Psalms, Ort und maximale Ausdehnung des darin eingebetteten Instrumentalparts.

 

Einen ersten Anhaltspunkt für die musikalische Deutung bietet der Grundcharakter - Buße, Klage, Dank, Lob, Bitte, Vertrauen - der auf einen kargen Sinnkern verdichteten Texte. Durch den divergenten Klangcharakter von Diskant-, Alt- und Basszither und die Möglichkeit, denselben Ton wechselnd auf Griffbrett und Freisaiten zu spielen und ihn so maximal bis zu vierfach darzustellen, entsteht ein subtiles Geflecht von Klangschichten und Überlagerungen. Die Töne lassen sich nicht mehr genau lokalisieren, sie wandern, kreisen.

 

Einerseits werden sie schier unerträglich überdehnt, andrerseits bei den Lobpsalmen phrasenweise komprimiert, druckvoll hervorgestoßen, abrupt angehalten, verlangsamt, wieder beschleunigt. Um das im Hintergrund über weite Strecken zu hörende Klangkontinuum zu schaffen, habe ich mit einem E-bow die Griffsaiten auf Diskant- und Altzithern in kontinuierliche Schwingung versetzt und die tiefen Saiten der Basszither mit einem Cellobogen gestrichen. Die Schwebungen und Unregelmäßigkeiten der akustischen Einspielung bergen im Unterschied zur ursprünglich geplanten elektronischen Klangerzeugung, ein menschliches Moment im neutralen Dauerton.

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