Im Auge des Greifers

Eine musikalische Spurensuche in Kirchenburgen

Uraufführung: Samstag, 29. Juni 2024, 21 Uhr, Peterskirche Lienzingen

 

Das Projekt entstand während meiner Zeit als Artist in Residence der Ludwig Seeburger Stiftung Maulbronn, 29. April bis 10. Juni 2024, verlängert bis 30. Juni 2024

 

Ich erkunde seit längerem mit der Zither spirituelle historische Orte. Meine Projekte kreisen um die Schnittstelle zwischen Wort und Musik, beschäftigen sich mit Zwischenräumen und Durchgangsorten. Zu diesen Durchgangsorten zähle ich die Wehrkirchen, die den Gemeinden bei Bedarf monatelangen Schutz boten. Ich entdeckte sie erstmals bei einer Reise nach Rumänien.

 

IDieses Interesse war auch der Ausgangspunkt für die Einladung durch die Seeburger Stiftung nach Maulbronn. Zwar haben die Kirchenburgen ihre ursprüngliche Schutzfunktion lang verloren. Trotzdem sind sie durch ihre identitätsstiftende Wirkung für einen Teil der Bevölkerung weiter Schutzorte, die es zu bewahren gilt.

 

Während meiner Spurensuche entdeckte ich vieles, was mich inspirierte: In der Schützinger Ulrichskirche faszinierten mich die Fresken aus dem 13. Jahrhundert, vor allem die Beweinung des Todes Mariens. Ein anderes Fundstück ist ein Mariengebet von 1482 in der Tonnendecke der Liebfrauenkirche in Lienzingen, das an ihre ursprüngliche Funktion als Marien-Wallfahrtskirche erinnert.

 

In der Kirchenburg Weissach begeisterte mich der mächtige, freistehende Glockenturm mit dem wachsamen Falken sowie das vierstimmige Geläut, das die Menschen durch den Alltag begleitet. Im Henri-Arnaud-Haus, dem Waldenser-Museum in Ötisheim-Schönenberg, lernte ich die Geschichte der Waldenser kennen, die 1699 - wegen ihres Glaubens aus dem Piemont vertrieben - in den Enzkreis einwanderten. Und ich erfuhr, dass Patouà, ein okzitanischer Dialekt und früher die Umgangssprache der Waldenser, so gut wie ausgestorben ist. Interessant fand ich auch, dass sich die Dichterin Richarda Huch Ende Juni 1928 mit einem schnellen eintägigen Blick auf Maulbronn begnügte, bevor sie dem Ort ein Kapitel in ihrem Buch "Im alten Reich. Lebensbilder deutscher Städte" widmete. 

 

All diese Fundstücke sind auf unterschiedliche Weise in die Komposition eingeflossen. Sie geben auch inhaltlich die Themen vor, die in der Arbeit immer wieder anklingen: Migration, der Verlust von Heimat und kulturellem Erbe, aber auch Ankommen, Assimilation, Wertschätzung.

 

Die Klangsprache ist geprägt von einer Collagentechnik, die neben verschiedenen Text-Bausteinen sowohl das vierstimmige Weissacher Glockenspiel aufnimmt als auch überlieferte Musik des Gambisten Tobias Hume (* um 1569 -1645), eines schottischen Musikers und Soldaten aus der Zeit des 30jährigen Kriegs. Ebenso berücksichtigt werden Field Recordings, u.a. die Rufe der Turmfalken.

 

Mitwirkende:

Alt- und Basszither, E-Zither: Georg Glasl

Sender-Posaunenchor:

Heike Koch-Walter, Steffen Adam, Sabine Metzger, Günter Staub, Barbara Straub,

Jürgen Traub, Klaus-Martin Andreas, Vera Geltner (Leitung)

Sprecherin: Ruth Geiersberger (Aufnahme)

Technik: Roland Straub und Uwe Siegmund

Fotografische Begleitung der Spurensuche: Wilfried Gebhard

 

 

Mit freundlicher Unterstützung:

 

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