Peter Kiesewetter Bereshit

 

BERESHIT – Im Anfang - ist Name und Textbeginn des ersten Buches Moshe, des Berichts von der Erschaffung der Welt. Ihm folgen die Geschichten der Urväter: eine literarisch sehr dicht und konsequent gestaltete Reihe archetypischer Szenen. Viele von ihnen lassen sich als Ganzes oder doch im Detail zurückführen auf den gedanklichen Kern „Aus Wenigem Vieles“: Ein Quellstrom speist die vier Ströme des Paradieses; der Turmbau zu Bawel führt zur Verwirrung der einen gemeinsamen Ursprache, zu ihrer Aufsplitterung und Komplizierung in eine Vielzahl von Sprachen.

 

Die Gesamtform des Werkes konstituiert sich aus 17 Einzelsätzen, sie zeigt einen regelmäßigen Wechsel von instrumentalen Prä-, Inter- und Postludien und vokalen, instrumental begleiteten Szenen. Im ersten Teil sind dies: 1. Das Paradies, 2. Die Erschaffung der Urmutter Chawwa (Eva); 3. Der Sündenfall. Im zweiten Teil: 4. Der Brudermord, 5. Adams Tod, 6. Die Flut, 7. Der Turmbau zu Bawel.

Mit dem Turmbau ist jener Punkt erreicht, aus dessen Gestaltung sich im Sommer 1995 die Idee einer zyklischen Folge von Lektionen aus dem Buch BERESHIT ergeben hatte. „Eine Idee von Georg Glasl, deren Verwirklichung unerwartete, überdimensionale Ausmaße angenommen hat“, wie Kiesewetter im CD-Booklet-Text anmerkte. BERESHIT, von ihm als Azione Sacra, also mit Bezug auf die Frühform des Oratoriums als geistliche Gattung bezeichnet, ist nichts weniger als die klangliche Vergegenwärtigung des Beginns aller Dinge. Die Eindrücklichkeit der Musik verdankt sich einer Expressivität, die durch Reduktion der Mittel und Gesten bestimmt ist.

 

Jede der Szenen erhält ihr besonderes instrumentales Kolorit, entfaltet einen eigenen Kosmos: Didgeridoo, das urtümliche Blasinstrument der australischen Aborigines, steht beispielsweise zusammen mit den gestrichenen Kontra-Saiten der Basszither für die urzeitliche Flusslandschaft Mesopotamiens; die paradiesische Gartenidylle, gefährdet von Anbeginn an, ist charakterisiert durch Flageolettklänge von Viola und Basszither, kombiniert mit den irreal schillernden Klangblasen gestrichener Vibraphonplatten. Der Verlust des Paradieses schließlich – schmerzhafter Eintritt in die messbare, von Geburt und Tod begrenzte Zeitlichkeit – ist symbolisiert durch den trocken skandierenden Klang von Tempelblöcken, Marimbaphon und Peitschen.

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